| Zusammenhänge  – neu gesehenNoch einmal zur Deutschen Demokratischen  Republik
 von Klaus Buschendorf Warum ist sie gescheitert? So  hatte ich letztes Mal gefragt. Ich will mich nicht vor einer ganz persönlichen  Erklärung drücken. Kein Volkseigentum, eine „DDR-AG“  mit dem Monokapitalisten Staatsratsvorsitzenden ist die Wirtschaft der DDR in  Wahrheit gewesen. Warum ging das nicht gut? Eine solche „AG“ ist einfach zu  groß. Wie komme ich darauf? In den dreißiger Jahren war die IG-Farben in  Deutschland der größte und führende Konzern der Welt. Die Unternehmensführung  wunderte sich: Der technologische Vorsprung schien verloren zu gehen, die  Wirtschaftskraft zu erlahmen. Man wurde bequem. Wenn schon kein Wettbewerb mit  anderen Konzernen mehr, dann eben innerhalb, folgerten die Leute an der Spitze.  Man teilte alles, von der Forschung bis zur Fertigung. Und siehe da: Der alte  Ehrgeiz zog wieder ein, bald zeigten sich Erfolge.  Was lehrt uns das? Konzerne haben  eine optimale Größe, überschreiten sie diese, geht es rückwärts. Jüngstes  Beispiel solchen Überschreitens ist die rückgängig gemachte Fusion von  Daimler/Benz mit Chrysler. Aber das sind kapitalistische  Beispiele, höre ich kontern. Die Gründerväter der DDR wollten keinen Kapitalismus.  Stimmt! An ihren sozialistischen Zielsetzungen ist nicht zu zweifeln. Sie  liefen in eine Falle. Wie sah sie aus? Mit einer straffen Planwirtschaft  wollten sie die schlimmsten Kriegsfolgen überwinden. Das gelang auch in den  ersten Jahren. Doch dabei blieb man. Dabei hatten doch die Klassiker davon  gesprochen, dass nach dem Sieg bei der Übernahme des Staates die Werktätigen  unmittelbar an ihm beteiligt werden sollen, auch an der Produktion, und ein  Rückbau des Staatsapparates zugunsten der Eigenverantwortlichkeit des Volkes  geschehen müsse. Das hätte in der Wirtschaft mit der Selbstverwaltung der  Betriebe auch eine sozialistische Marktwirtschaft zur Folge haben müssen. Es  gab auch Menschen in der frühen DDR, die vom „deutschen Weg zum Sozialismus“ sprachen.  Aber sie wurden zu „Abweichlern“ gestempelt, später gar zu „Verrätern“ erklärt.  (Übrigens geschah das während der Existenz der DDR immer wieder.) „Macht korrumpiert“, sagte in  meiner Kinderzeit mein Großvater und meinte damit im wilhelminischen Deutschland  vor allem die Arbeiter, die sich zum Meister in der Fabrik, zum  „Stehkragenproletarier“ hochgearbeitet hatten. Es ist eine allgemeine  Eigenschaft der „Spezies Mensch“, die schon Kleist in seinem Lustspiel „Der  zerbrochene Krug“ einen seiner Akteure sagen lässt: „Ich habe hier ein Amt und  keine Meinung.“ Haben nicht amerikanische Psychologen mit Studenten ein  Massenexperiment unternommen und mussten es schnell abbrechen? Per Los hatten  sie ihre Probanden in Wärter und Gefangene geteilt. Es wurde ganz schnell zum  schlimmsten Gefängnis der Welt.  „Macht korrumpiert.“ Jedes  gesellschaftliche System scheitert letztendlich, wenn es nicht Möglichkeiten  findet, durch Schaffung von Umständen dieser allgemein-menschlichen Eigenschaft  entgegen zu wirken. Man muss sich darüber klar sein, dass Machtmissbrauch ein  Erbe der Evolution ist. Alle höheren Säugetiere leben in Herden, Meuten, haben  Clans und „Chefs“ und „huldigen“ den Chefs, wie Zoologen sagen. Erziehung kann  den Menschen mäßigen, beseitigen kann sie diesen Urtrieb nicht. Also muss man  die Umstände so gestalten, dass man hierarchische Systeme so schnell wie  möglich abwickelt, wenn man sie nicht mehr braucht. Die DDR hat das nicht  vermocht – und ist daran gescheitert.  Kann es die Bundesrepublik, kann es  Europa? Das wäre ein neuer Artikel. |